Obwohl jeder Mensch sich der Endlichkeit seines Lebens bewusst ist, treffen nur die wenigsten Vorbereitungen für das eigene Ableben. Die Verwaltung des Nachlasses bleibt in den meisten Fällen eine Aufgabe der Angehörigen. Immer häufiger ist dann auch strittig, was mit Computer, Smartphone & Internetprofilen passieren soll. Wir haben wichtige Tipps zusammengestellt, wie Sie Ihren digitalen Nachlass selbst verwalten und Ihre Ansprüche rechtlich gültig machen können.
Nach dem Tod eines geliebten Angehörigen stehen viele heutzutage vor Fragen, die sich vor einigen Jahren noch gar nicht gestellt haben: Was ist mit digitalen Besitztümern und Verträgen? Dürfen Angehörige nach dem Tod Social Media-Accounts bei Facebook, Instagram, Twitter und Co. verwalten oder schließen? Was passiert mit Online-Shops?
Die fortschreitende Digitalisierung unseres Berufs- und Privatlebens verlangt eigentlich schon länger nach einer Reform des Erbschaftsrechts, die zur Zeit aber noch aussteht. Rechtlich ist die Erblichkeit des digitalen Nachlasses umstritten.
Der digitale Nachlass als Rechtslücke
Hinterbliebene haben gemäß §1967 BGB die Pflicht zur ordnungsgemäßen Nachlassverwaltung. Das schließt im weiteren Sinne auch den digitalen Nachlass mit ein. Auch Verstorbene haben allerdings ein Recht auf Datenschutz und verlieren mit dem Tod nicht ihre Persönlichkeitsrechte. Anbieter im Internet gehen deshalb unterschiedlich mit den Accounts von Verstorbenen und mit Anfragen von Angehörigen um. Haben die Angehörigen kein Passwort, ist meist nur eine Schließung des Kontos nach Vorlage einer beglaubigten Sterbeurkunde möglich.
Viele praktische Fragen wurden durch Gerichte noch nicht abschließend geklärt. Am 12. Juli 2018 entschied der Bundesgerichtshof (Aktenzeichen III ZR 183/17) jedoch, dass digitale Benutzerkonten von Verstorbenen auf Erben übertragen werden. Erben dürfen sich demnach in Nutzerkonten von Verstorbenen einloggen und Kommunikationsinhalte verfolgen oder laufende Verträge kündigen.
Erben übernehmen vertragliche Pflichten
Für Angehörige und Erben ist es gar nicht so leicht, sich einen Überblick über die Online-Aktivitäten eines Verstorbenen zu verschaffen. Verträge mit sozialen Netzwerken, Streaming-Dienstleistern und Online-Märkten wie Ebay und Amazon enden nicht automatisch mit dem Tod, sondern gehen auf Erben über. Nach der Vorlage einer Sterbeurkunde löschen Anbieter bestehende Konten meist problemlos. Das Geld für bereits abgeschlossene Abos und Jahresverträge kann nur in Einzelfällen erstattet werden. Um unnötige Kosten für weiterlaufende Abonnements zu sparen, sollten Erben noch vor der Annahme der Erbschaft überprüfen, welche Online-Anbieter der Verstorbene nutzte.
Gedenkaccounts in sozialen Netzwerken
Nach der erwähnten BGH-Entscheidung von 12. Juli 2018 dürfen Betreiber von sozialen Netzwerken Erben den Zugriff auf private Nutzerkonten ermöglichen. Dazu gehört auch die Herausgabe des Passwortes. Die meisten sozialen Netzwerke wie Facebook bieten eine Funktion an, die es ermöglicht, Accounts in den Gedenkzustand zu versetzen. Der Account wird anderen so nicht mehr als Freund vorgeschlagen und keine schmerzlichen Geburtstagserinnerungen erscheinen in den News von Freunden. Der Hinweis “In Erinnerung an” dient als Hinweis für entfernte Bekannte, die vielleicht noch nichts von dem Todesfall gehört haben. Wird kein Nachlassverwalter bestimmt, können keine weiteren Interaktionen mit dem Konto durchgeführt werden. Nicht erlaubt ist die Weiterführung des Accounts im Namen des Verstorbenen.
Digitaler Nachlass von Online-Händlern
Nach dem Tod eines Angehörigen übernehmen die Erben die Verantwortung für Online-Geschäfte aller Art – dazu gehören auch Internetauktionen und selbst betriebene Onlineshops. Die meisten Shops lassen sich über den Provider deaktivieren bzw. offline stellen. Eine Ausnahme bilden laufende Auktionen, die meist nicht mehr zurückgezogen werden können. Sofern Interesse an der Weiterführung des Geschäfts besteht, bestimmen die Erben über nachfolgende Inhaber und Verantwortliche. Accounts von privaten Verkäufern dürfen jedoch nicht weitergeführt werden. Nach Abschluss der letzten Auktion sollten Erben deshalb eine Löschung veranlassen.
Digitaler Nachlass von Kindern und Jugendlichen
Wer seinen digitalen Nachlass schon zu Lebzeiten regelt, erspart Angehörigen die schmerzhafte Arbeit der Nachverfolgung und kann private Inhalte auch über den Tod hinaus schützen. Die meisten Menschen denken erst im Alter oder bei schwerer Krankheit an derartige Vorkehrungen.
Doch ähnlich wie ein Organspendeausweis macht auch die Nachlassregelung in jedem Alter Sinn. Da bereits Kinder über Smartphones und Spielkonsolen immer früher ein Online-Leben beginnen, sollten sich Eltern dieser Thematik bewusst sein und ihren Nachwuchs nicht ohne Begleitung in digitale Welten starten lassen. Sicher ist der Grat zwischen Fürsorge und Überwachung schmal. Wer allerdings nicht weiß, welche privaten Chat- und Spieleaccounts die Kinder führen, kann im Notfall nicht Online-Freunde informieren und schützenswerte Erinnerungen sichern. Spätestens mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen sollte man die Thematik aber unbedingt ansprechen.
So verwalten Sie Ihren digitalen Nachlass
Im Fall der Fälle ist eine kleine Mappe mit allen wichtigen Nachlass-Daten von Verstorbenen eine große Entlastung für Angehörige. Neben dem monetären und physischen Nachlass sollte hier auch eine Liste mit Account-Daten und Passwörtern bereit liegen. Möchten Sie Einzelheiten wie die Löschung von Konten oder Postings bestimmen, halten Sie diese handschriftlich fest. Nur handschriftlich verfasste und unterschriebene Dokumente werden nach dem Tod als rechtsgültige Testamente angesehen. Peinliche Informationen und Fotos sollten Sie regelmäßig von allen Datenträgern löschen.
Zusammenfassung
Erben übernehmen auch alle digitalen Vertragspflichten vom Verstorbenen. Streaming-Dienste und Abonnements müssen einzeln gekündigt werden. Wer eine Liste mit Domains und Passwörtern erstellt, pflegt und sicher hinterlegt, hilft bei der Organisation. Wer Missverständnisse, Streit und den Bruch der Privatsphäre vermeiden will, sollte im Testament eindeutige und ausführliche Vorgaben zum digitalen Nachlass festlegen und einen Nachlassverwalter mit der Umsetzung der Bestimmungen betrauen.